Im aktuellen Programmheft des Rock-That-Swing-Festivals 2025 befindet sich ein sehr interessanter Artikel von Marcus Koch, einem der Organisatoren des Festivals und Mitinhaber des Vintage Clubs in München.
Dieser Meinung stimmen wir zu und möchten sie hiermit einem größeren Publikum zugänglich machen:
GEMA - ist das wirklich fair?
Eine Meinung von Marcus Koch
Die GEMA – dieser Name löst bei vielen Kulturschaffenden, Veranstaltern und Musikliebhabern Frustration aus. Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte erhebt Gebühren für die Nutzung von Musik und soll damit die Urheber fair entlohnen.
Doch in der Realität ist die Verteilung der Einnahmen oft alles andere als gerecht. Seit Jahren steht die GEMA in der Kritik: Ihre Tarife sind überteuert, die Verteilung der Einnahmen ist fragwürdig und kleine Veranstalter und Musiker geraten immer stärker unter Druck.
WER PROFITIERT WIRKLICH?
Die GEMA spricht oft davon, Musikschaffende zu vertreten, doch sie vertritt nur eine bestimmte Gruppe: die Komponisten und Textdichter. Bei der Verteilung der hohen Gebühren werden große Künstler bevorteilt und kleine Künstler benachteiligt. Viele gehen oft leer aus, obwohl ihre Songs ständig bei Tanzveranstaltungen gespielt werden.
Die Gesellschaft für Leistungsschutz (GVL) vertritt die Urheber der Aufnahmen. Wenn Musik von DJs und nicht live gespielt wird, zieht die GEMA stellvertretend für die GVL zusätzlich Gebühren ein, die 20% des GEMA-Tarifs entsprechen. Sind Künstler bei einem Label, das die Aufnahme produziert hat, dann bekommen sie i.d.R. nur einen Anteil von 10%, also ca. 2% im Vergleich zu den Schreibern des Songs.
Wir als Veranstalter, Musiker und Tänzer wollen, dass Künstler von ihrer Arbeit leben können. Doch mit dem derzeitigen System wer- den nicht die wirklich Beteiligten angemessen entlohnt – stattdessen kassieren einige wenige auf Kosten der gesamten Szene.
ÜBERZOGENE PREISERHÖHUNGEN – EINE GEFAHR FÜR DIE KULTUR
2011 versuchte die GEMA eine 18-fache Preiserhöhung durchzusetzen. Am Ende wurde „nur“ eine sechsfach höhere Gebühr eingeführt. Jetzt stehen wir erneut vor massiven Gebührenerhöhungen. Städte müssen Chöre von Weihnachtsmärkten ausladen, weil die Kosten nicht tragbar sind. Selbst Kindergärten verzichten aus Geldmangel auf gemeinsames Singen von Weihnachtsliedern.
Es ist ein Paradoxon: Eine Organisation, die angeblich Musik fördert, sorgt in Wirklichkeit dafür, dass immer weniger Musikveranstaltungen stattfinden können. Eine Verwertungsgesellschaft ist sinnvoll – aber nicht, wenn sie ihre Monopolstellung ausnutzt, um Veranstalter und Kulturschaffende auszunehmen.
WARUM GESETZLICHE REGELUNGEN NOTWENDIG SIND?
Genauso wie es bei Roaming-Gebühren oder europäischen Überweisungsgebühren eine gesetzliche Begrenzung gab, braucht es endlich andere Gesetzesvorgaben und Kontrollen für die GEMA. Denn während große Veranstalter hohe Preise einfach weitergeben können, trifft es besonders kleine und ehrenamtliche Akteure in der Kulturszene.
DIE TANZSZENE IST BESONDERS BETROFFEN
Bis 2023 hatte die GEMA Pauschalverträge mit den Verbänden verschiedener Branchen geschlossen. Seit letztem Jahr schließt die GEMA nur noch Verträge, die auf Umsatz basieren. Für Tanzschulen bedeutet dies exorbitante Preissteigerungen.
Für den Vintage Club als Beispiel, bedeutet es eine 500% Preissteigerung auf 30.000 Euro im Jahr nur für Kurse und Übungsabende. Veranstaltungen mit Livemusik, wie beim Rock That Swing Festival, kommen noch extra mit über 70.000 Euro hinzu. Wie soll man diese enorme Kostensteigerung noch an die Kunden weiter- geben?
Dabei kommt das Geld überhaupt nicht bei den Urhebern und Künstlern an, die bei uns gespielt werden.
WER ZAHLT AM ENDE? DIE GESELLSCHAFT
Die Gebühren sind inzwischen so hoch, dass der Staat einspringen muss. Steuergelder fließen in die Subventionierung von GEMA-Kosten, um gemeinnützige Vereine zu entlasten. Allein Thüringen stellte 325.000 Euro aus dem Landeshaushalt bereit. In Bayern wurden 269.000 Euro übernommen, Hessen plant 1,6 Millionen Euro für vier Jahre. Wie absurd ist das!
WERDET AKTIV UND LAUT!
Es ist an der Zeit, dass wir gemeinsam laut werden! Die GEMA darf nicht weiter die Kultur- und Veranstaltungsbranche ausbluten lassen. Immer mehr Veranstalter geben auf. Kultur wird zum Luxusgut! Eine Tanzveranstaltung ist keine Gucci-Tasche!
Sprecht mit Politikern, kontaktiert die Presse und nutzt Social Media, um auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen. Teilt eure Erfahrungen, schreibt an Abgeordnete und lasst uns gemeinsam für faire Musikgebühren kämpfen. Jede Stimme zählt – nur gemeinsam können wir eine Reform erreichen!
Es laufen bereits zwei Gerichtsverfahren gegen die Praxis der GEMA und letztes Jahr wurde eine Petition erfolgreich beim Deutschen Bundestag eingereicht. Die Kosten für diese Verfahren und Aktionen sind enorm. Es ist ein Kampf von David gegen Goliath.
FRAGWÜRDIGE GEMA-PRAKTIKEN – IST DAS FAIR?
Die GEMA betreibt starke Lobbyarbeit bei den Politikern und stellt ihre Praxis und Tarife als fair dar. Doch auch wenn die GEMA von fairer Bezahlung von Künstlern spricht, sieht die Praxis anders aus.
1. TANZVERANSTALTUNGEN ZAHLEN DAS DOPPELTE
Wird Musik bei einer Tanzveranstaltung genutzt, verlangt die GEMA die doppelte Gebühr, als wenn das Publikum nur zuhört – obwohl es sich um dieselbe Musik handelt. Warum wird Tanzen also mit einer zusätzlichen Gebühr bestraft? Wie kann es fair sein, dass die Urheber das Doppelte bekommen müssen, nur weil wir tanzen?
2. GRUNDLAGE IST EIN VOLLER RAUM MIT 1,5 PERSONEN PRO M²
Die regulären Tarife gehen von einem von Wand zu Wand maximal befüllten Raum aus. Das schließt auch die Toiletten mit ein. Es ist egal, dass dabei die maximal zugelassene Personenanzahl überschritten wird.
3. UNANGEMESSENE TARIFE
Besonders deutlich zeigt, dass die Standardsätze viel zu hoch sind, wenn wir für 99% unsere Tanzveranstaltungen mit großem Aufwand die Angemessenheitsregelung beantragen müssen. Diese beträgt bei Tanzveranstaltungen unglaubliche 11,89% vom Nettoeintrittspreis plus Sponsorengeldern. Bei DJ-Musik sind es mit GVL-Anteil 14,27%. Die Gebühr mit Angemessenheitsregelung bei Tanzveranstaltungen ist höher als die reguläre Gebühr für Konzerte ohne Tanz – ein Widerspruch zur angeblichen fairen Bezahlung der Künstler.
Da bei Kostensteigerungen in Hundert und nicht von Hundert gerechnet wird, müssen mindestens 16,65% auf die Kosten für GEMA und GVL aufgeschlagen werden.
4. URHEBER VON AUFNAHMEN SIND BENACHTEILIGT
Songschreiber erhalten ein Vielfaches der Einnahmen, während die Performer nur einen Bruchteil bekommen. Wie viele bekannte Beispiele zeigen, sind es die Performer, die einen Song erst zum Hit machen. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen ein Song gefloppt ist, aber durch einen anderen Künstler später erfolgreich wurde. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass es fair und angemessen sein soll, wenn ein Songwriter ein Vielfaches mehr als der Performer von den gezahlten Gebühren erhält.
5. AUFTRETENDE KÜNSTLER SIND BENACHTEILIGT
Der reguläre GEMA-Satz plus GVL für einen Tanzabend während der Ballsaison im Deutschen Theater mit unseren Eintrittspreisen beträgt ca. 26.000 Euro. Mit der Härtefallregel sind es immer noch knapp 16.000 Euro. Pro Song sind im Schnitt 150 bis 200 Euro zu bezahlen. Gleichzeitig verdient ein auftretender Künstler oft nur 150 bis 300 Euro aber nicht pro Song, sondern für einen ganzen Abend.
6. URHEBER VERDIENEN AN DEN KOSTEN EINER VERANSTALTUNG
Vergleichen wir zwei Veranstaltungen mit identischem Programm: Eine Schülerband spielt kostenlos in einem kostenlosen Raum – das Ticket kostet 10 Euro. Eine eingeflogene Big Band aus den USA spielt die gleichen Lieder in einer teuren Location – das Ticket kostet 100 Euro. Warum erhalten die Songwriter beim zweiten Event das Zehnfache?
Die GEMA argumentiert mit fairer Beteiligung der Künstler. Doch warum bemisst sich diese am Ticketpreis und damit an den Kosten der Veranstaltung? Das ist nicht logisch – und nicht fair. Die Ticketpreise spiegeln nicht den Gewinn wider: Die kostengünstige Schüler- band-Show könnte profitabler sein, weil hohe Ausgaben oft nicht voll auf Kunden umgelegt werden können.
DJ Bobo nennt ein Beispiel: Nutzt er für seine Show einen Projektor im Wert von über einer Million Euro, steigen seine Ticketpreise – und damit auch die GEMA-Gebühren für seine eigenen Songs. Doch er erhält nur einen Teil zurück, da die GEMA ca. 20 % für Verwaltungs- kosten einbehält.
Auch Tanzschulen sind betroffen: Höhere Standortkosten, z. B. in Innenstädten, führen zu höheren GEMA-Gebühren. Das verzerrt den Wettbewerb und verteuert den Betrieb unnötig.
Fazit: Eine an den Kosten orientierte Gebührenberechnung ist nicht gerecht – sondern Abzocke.
Künstler sollen an ihrem Erfolg verdienen – wenn sich ein Song oder ein Stuhl nach 50 Jahren noch verkauft, ist das verdienter Lohn. Aber wenn er sich nicht mehr verkauft, muss der Künstler, wie jeder andere, neue Werke schaffen.
Ein System, in dem Künstler unabhängig von der Nachfrage an den Kosten und der Arbeit von Veranstaltern mitverdienen, ist jedoch unfair. Schließlich wird auch niemand automatisch am Umsatz seines Unternehmens beteiligt, nur weil er einmal gute Arbeit geleistet hat.
7. KEIN FESTER PREIS
Verwertungsgesellschaften sind die einzigen Unternehmen, die nicht mit festen Preisen arbeiten, sondern sich direkt an den Einnahmen der Veranstalter bedienen. Jeder andere Dienstleister – ob Soundtechniker, Einlasspersonal oder Putzdienst – verlangt einen festen Betrag, unabhängig vom Umsatz.
Selbst bei Software, die ebenfalls geistiges Eigentum ist, gibt es fixe Lizenzmodelle: entweder eine einmalige Gebühr oder ein günstiges Abonnement. Die Kosten steigern sich nicht mit höheren Einnahmen oder einem höheren Gewinn.
Überträgt man das GEMA-Prinzip auf andere Bereiche, würde das bedeuten: Supermärkte berechnen den Kaffeepreis basierend auf dem Verkaufspreis des Veranstalters. Büromaterial, IT-Equipment oder Mitarbeitergehälter würden vom Umsatz abhängen. Das wäre offen- sichtlich absurd.
Das GEMA-Modell ist daher keine faire Lizenzierung, sondern reine Selbstbedienung. Gleichzeitig benachteiligt es Künstler: Bei kostenlosen oder geringen Einnahmen gehen sie leer aus – während ein Supermarkt seine Kaffeebohnen auch nicht verschenkt, nur weil der Kaffee gratis ausgegeben wird.
8. ANDERSBEHANDLUNG VON MUSIK
Warum muss man für das Abspielen eines bereits gekauften Songs immer wieder zahlen? Bei digitaler Musik werden zusätzlich auf den Datenträger und den Computer pauschal Urheberabgaben vom Hersteller abgeführt.
Bei materiellen Gütern wie einer Bohrmaschine zahlt man auch nicht pro Bohrloch. Auch Design ist geistiges Eigentum – dennoch verlangt niemand eine Gebühr, wenn jemand auf einem Designerstuhl sitzt. Ein Museum stellt Kunstwerke aus, ohne dem Künstler Umsatzbeteiligungen zahlen zu müssen.
Wenn ich ein Buch kaufe und es in der Tanzschule auslege, zahle ich nicht jedes Mal, wenn es jemand liest. Wenn ich ein Bild kaufe und es in der Tanzschule an die Wand hänge, zahle ich nicht jedes Mal, wenn es jemand anschaut.
Doch bei Musik gilt ein anderes Prinzip: Ein Song wird gekauft – und jedes erneute gewerbliche Abspielen kostet Geld. Die GEMA rechtfertigt dies damit, dass Künstler von ihrer Arbeit leben sollen. Diese vereinfachte Darstellung ist in vielen Punkten falsch. Generell müssen auch Veranstalter von ihrer Arbeit leben können und es gibt der GEMA nicht das Recht auf wucherhafte Preise. Selbst beim gewerblichen Handeln mit Tonträgern muss kein Teil des Gewinns an den Urheber abgeführt werden. Warum also bei der Nutzung eines gekauften Songs? Hier ist einfach nur durch Lobbyarbeit eine Sonderstellung geschaffen worden.
Es ist nicht gerecht, dass Songwriter bei jeder Tanzveranstaltung mitverdienen – unabhängig davon, wie oft ein Song bereits bezahlt wurde. Kein anderer Schöpfer geistigen Eigentums profitiert in diesem Maß. Ein einzelner Hit kann eine lebenslange Einnahmequelle für Künstler und deren Erben sein – nicht durch den Verkauf, sondern durch eine fortlaufende Beteiligung an den Kosten der Veranstalter.
Durch Lobbyarbeit wurde das Copyright mehrmals verlängert. Inzwischen erlischt es erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Das Leistungsschutzrecht, dass für Tonaufnahmen gilt, beträgt im Gegensatz dazu nur 50 Jahre. Patente besitzen Ihre Schutzwirkung nur für 20 Jahre. Die Grundidee des Urheberschutzes ist es, ein Gleichgewicht zwischen monetärem und künstlerischem Anreiz zu schaffen. Dieses Gleichgewicht ist bei Musik schon lange nicht mehr gegeben.
9. VIEL TEURER ALS IM HERKUNFTSLAND
Die meisten Songs, zu denen wir tanzen, stammen aus den USA oder Großbritannien – doch die GEMA verlangt für ihre Nutzung ein Vielfaches der Gebühren, die in diesen Ländern gelten.
Zum Vergleich: In Großbritannien zahlen Tanzschulen pauschal 500 Pfund pro Jahr – für alle Kurse und Veranstaltungen, egal ob mit DJ oder Live-Musik. In den USA kosten selbst große Tanz-Events mit 2.000 Teilnehmern nur 500 bis 1.000 Dollar. In Dänemark ist Musiknutzung in Tanzschulen sogar gebührenfrei, da sie nicht als öffentliche Nutzung gilt.
Wie kann die GEMA ihre Tarife als fair bezeichnen? Hinzu kommt, dass in den USA auf Dienstleistungen keine Umsatzsteuer erhoben wird, wodurch Tanz und Musik dort viel erschwinglicher sind und einen festen Platz in der Kultur haben. In Deutschland hingegen treiben hohe GEMA-Gebühren die Kosten in die Höhe – zum Nachteil der Veranstalter und der Kultur insgesamt.
10. DIE WAHREN URHEBER BEKOMMEN OFT NICHTS
Viele Swing- und 50s-Songs stammen von schwarzen Künstlern, die oft mit einer einmaligen Zahlung abgespeist wurden, während Labels und andere Beteiligte die großen Gewinne erzielten. Praktiken wie der Payola-Skandal führten dazu, dass DJs als Mitschöpfer eingetragen wurden, um Songs ins Radio zu bringen – zum Nachteil der eigentlichen Urheber.
Obwohl Veranstalter hohe GEMA-Gebühren zahlen, gehen die echten Künstler oft leer aus. Fayard Nicolas von den berühmten Nicolas Brothers berichtete, dass er fast immer nur eine feste Gage erhielt, obwohl seine Filme bei jeder Wiederholung weiterhin Geld einspielten. Die GEMA trägt dazu bei, diese Ungerechtigkeit aufrechtzuerhalten.
Dies ist kein Problem der Vergangenheit. Künstler, die als Angestellte arbeiten, bekommen für ihre schöpferische Leistung i.d.R. nur ein Gehalt und keinen Anteil am Umsatz oder dem Gewinn des Unternehmens. Die erzielten Lizenzgebühren gehen an die Firma. Es sind dann die großen Firmen, wie Sony, Warner, Apple, oder Disney, die an den Kosten und Leistungen der Veranstalter verdienen.
11. DIE VON DJS GESPIELTEN KÜNSTLER GEHEN LEER AUS
Die GEMA erfasst nur die Urheber von live gespielten Songs. Bei DJ-Tanzveranstaltungen werden weder die Songschreiber noch die ausführenden Künstler berücksichtigt – selbst wenn Veranstalter ihre Playlists melden möchten. Stattdessen fließen die Einnahmen in einen Verteilungstopf und werden nach Marktanteilen vergeben.
Das bedeutet: Große Schlager- und Popstars profitieren von den Gebühren, während Künstler der Swing- und 50s-Szene, die regelmäßig auf Tanzveranstaltungen gespielt werden, leer ausgehen. Die GEMA erfüllt damit nicht ihre eigentliche Aufgabe – sie sorgt vielmehr da- für, dass bereits wohlhabende Künstler weiter profitieren, während kleinere Musiker nichts erhalten.
Hinzu kommt: Wenn die GEMA-Pauschalgebühren erhebt, kann sie gar nicht genau wissen, welche Urheber tatsächlich gespielt wurden – geschweige denn sicherstellen, dass sie überhaupt die Rechte dieser Künstler in Deutschland vertritt. Trotzdem nennt sie dieses System „fair“.
12. GEHEIME SONDERTARIFE – AUF KOSTEN DER FAIRNESS?
Die GEMA schließt mit verschiedenen Verbänden und Organisationen spezielle Verträge ab. Während diese früher veröffentlicht wurden, werden sie heute geheim gehalten. Dadurch werden Verbände gegeneinander ausgespielt – anstatt für Transparenz und faire Bedingungen zu sorgen.
13. RECHTSVERSTÖSSE: WER VERDIENT WIRKLICH AN DEN GEMA-GEBÜHREN?
Neben Urhebern gehören auch Musikverleger zu den GEMA-Mitgliedern – obwohl sie laut Urheberrechtsgesetz keine eigentlichen Rechteinhaber sind. Dennoch erhalten sie bis zu 40 % der GEMA-Einnahmen, unabhängig davon, ob sie etwas für die Urheber getan haben.
Das Kammergericht Berlin erklärte diese Praxis 2016 für rechtswidrig – es sei denn, der Urheber hat ausdrücklich einen Teil seiner Ansprüche abgetreten. Dennoch werden Verleger weiterhin über die Tarife mitfinanziert, ohne dass dies für Nutzer erkennbar ist. Die GEMA erhebt also Gebühren, die nicht den Urhebern, sondern Verlegern zugutekommen – ein klarer Rechtsverstoß.
14. WETTBEWERB AUSGEHEBELT – KEINE FREIE WAHL FÜR LIZENZEN
Obwohl innerhalb der EU ein freier Handel gilt, erkennt die GEMA günstigere Lizenzen aus anderen Ländern nicht an. Damit verhindert sie faire Marktpreise und zwingt Musiknutzer zur teureren deutschen Lizenzierung.
15. GEMA-VERMUTUNG: BEWEISLAST WIRD UNFAIR AUF VERANSTALTER ABGEWÄLZT
In Deutschland gilt die sogenannte GEMA-Vermutung: Die GEMA geht automatisch davon aus, dass sie die Rechte an allen gespielten Musikstücken hält – selbst wenn das gar nicht der Fall ist. Veranstalter müssen im Zweifel nachweisen, dass die gespielte Musik nicht von der GEMA vertreten wird.
In anderen Ländern müssen Verwertungsgesellschaften klagen und nachweisen, dass ihnen die Rechte zustehen. In Deutschland hingegen wird diese Beweislast auf kleine Veranstalter abgewälzt, die oft nicht über die finanziellen Mittel und rechtlichen Ressourcen verfügen, um sich dagegen zu wehren.
Das führt dazu, dass auch für Musik gezahlt werden muss, die gar nicht von der GEMA vertreten wird.
16. VERWALTUNGSKOSTEN AUF KOSTEN DER KÜNSTLER
Die GEMA hat die höchsten Verwaltungskosten im internationalen Vergleich. Rund 20 % der Einnahmen fließen in die eigene Organisation, anstatt den Künstlern zugutekommen.
17. ÜBERZOGENE STRAFGEBÜHREN – GEMA IGNORIERT DAS ZIVILRECHT
Die GEMA verlangt 100 % Schadenersatz für verspätete Meldungen – eine Praxis, die laut Zivilrecht unzulässig ist, da nur tatsächlich entstandene Kosten berücksichtigt werden dürfen. Auch für verspätete Songlisten bei Livemusik werden pauschal 10 % zusätzlich fällig – selbst bei bereits bezahlten Rechnungen.
Wird ein Antrag zur Angemessenheit nur einen Tag verspätet eingereicht, wird er abgelehnt. Solche starren und überhöhten Strafen sind unverhältnismäßig und gehören rückwirkend verboten.
18. UNKONTROLLIERTES MONOPOL – OHNE ECHTE AUFSICHT
Die GEMA hat in Deutschland eine Monopolstellung und kann Tarife eigenmächtig erhöhen. Zwar gibt es mit dem Deutschen Patent- und Markenamt eine Aufsichtsbehörde, doch diese hat bislang alle Tariferhöhungen durch- gewunken.
Geht ein Veranstalter juristisch gegen eine Erhöhung vor, bleibt die neue Gebühr dennoch in Kraft. Die einzige Möglichkeit ist eine gerichtliche Hinterlegung der Summe – doch das entzieht dem Veranstalter liquide Mittel, ohne eine sofortige Lösung zu bieten. So wird die Innovationsfähigkeit der Musikbranche er- stickt, während die GEMA unkontrolliert weiterkassiert.
19. GEBÜHRENLIMIT FÜR KLASSIK – ABER NICHT FÜR ANDERE MUSIK
Bei klassischen Konzerten gibt es eine GEMA-Gebührenbegrenzung: Für Ticketpreise über 47,67 Euro netto fallen keine zusätzlichen Gebühren an. Zudem zahlen klassische Veranstalter ohnehin nur ein Fünftel der GEMA-Kosten, die für Tanzveranstaltungen anfallen.
Zum Vergleich: Würde beim Rock That Swing Festival statt Swing- und 50s-Musik ein klassisches Konzert gespielt werden – mit sitzen- dem Publikum – wären die GEMA-Gebühren für einen Abend nicht bei ca. 21.000 Euro, sondern nur bei rund 4.300 Euro.
20. VERANSTALTER TRAGEN AUCH ZUR MUSIKVERBREITUNG BEI
Tanzveranstaltungen und Kurse tragen aktiv zur Verbreitung von Musik bei. Viel gespielte Titel werden von Tänzern anschließend gekauft oder gestreamt. Veranstalter leisten damit direkt Marketingarbeit für Künstler und Labels – ohne dafür entlohnt zu werden. Schließlich gilt auch hier: Wenn die Musik nicht gespielt wird, hört sie niemand.
WAS MUSS SICH ÄNDERN?
- Regulierung der GEMA-Tarife durch gesetzliche Vorgaben, um faire Preise zu gewährleisten.
- Gleichberechtigung von Performern und Songschreibern, so dass Künstler, die live auftreten, nicht benachteiligt werden.
- Transparente, fixe oder pauschale Gebühren anstelle von umsatzabhängigen Kosten.
- Vergleichbare Modelle mit anderen kreativen Branchen: Niemand zahlt eine Gebühr für jedes Mal, wenn er einen gekauften Stuhl benutzt – warum ist das bei Musik anders?
FAZIT: KULTUR MUSS BEZAHLBAR BLEIBEN
Das aktuelle GEMA-System ist nicht fair. Es benachteiligt Veranstalter, Künstler und Musiknutzer zugunsten einer kleinen Gruppe von Profiteuren. Die gesetzliche Regulierung der GEMA-Gebühren ist dringend notwendig, um die kulturelle Vielfalt zu erhalten und die Veranstaltungsbranche zu entlasten. Ohne Reformen wird die Musikszene in Deutschland weiter unter Druck geraten – mit negativen Folgen für Künstler, Veranstalter und Musikliebhaber gleichermaßen. Auch wir haben schon ans Aufhören gedacht.
Fair wäre es, vergleichbare Produkte gleich zu behandeln. Songwriter sollten – wie früher mit Notenblättern – für den Verkauf oder die Kopie ihres Songs, sei es auf Tonträger oder auf Notenblättern, entlohnt werden, aber nicht für jede einzelne Aufführung.
Wer einen Song kauft, sollte ihn ohne zusätzliche Gebühren kommerziell nutzen dürfen – zumindest, wenn die Musik nicht der Hauptbestandteil des Angebots ist. Gefragte Titel könnten dabei teurer sein als weniger beliebte.
Diese Forderungen wollen den Künstlern nichts vorenthalten. Die Veranstalter wollen sich auch nicht auf Kosten der Urheber bereichern – im Gegenteil: wir fordern eine gerechtere Verteilung und eine Anpassung an faire Marktprinzipien. Derzeit genießen Urheber eine Sonderstellung, die es in keiner anderen Branche gibt.
Es könnte zum Beispiel ein Lizenzmodell mit Onlineplayer geben, ähnlich wie bei Software-Abos: Veranstalter zahlen eine monatliche Pauschale und dürfen innerhalb dieses Zeitraums das gesamte GEMA-Repertoire für eine beliebige Anzahl an Veranstaltungen nutzen – quasi ein „Spotify für Veranstalter“. Über dieses Verfahren würden vor allem die richtigen Musikschaffenden profitieren.